ÖKOLOG-Schulen sind Schulen zum Wohlfühlen. Sie engagieren sich für die Umwelt und suchen nachhaltige Lösungen für soziale, ökonomische und ökologische Fragestellungen.

Flüchtlinge - Was können wir geben? Was können wir lernen?

Schule: Lernwerkstatt im Wasserschloss
KoordinatorIn: Lülik Maria
DirektorIn: Tinhofer-Sonntag Ulrike
Inhalt
Es begann im August 2015 mit dem Ausruf einer Schülerin: „Warum sehen wir Flüchtlinge immer als Problem? Wir können doch auch so viel von ihnen lernen!“
Und in der Tat hat der Kontakt mit Asylwerbern unseren Alltag in diesem Schuljahr auf vielfältige Weise bereichert.
Deutsch lernen mit Flüchtlingen in Traiskirchen

Deutsch lernen mit Flüchtlingen in Traiskirchen

Dominobahn mit Pesta-Steinen in Traiskirchen

Dominobahn mit Pesta-Steinen in Traiskirchen

Tchoukball in Traiskirchen

Tchoukball in Traiskirchen

Flyer zum Stück "Wohin jetzt" (Viertelfestival NÖ)

Flyer zum Stück "Wohin jetzt" (Viertelfestival NÖ)

Theateraufführung "Wohin jetzt"

Theateraufführung "Wohin jetzt"

Rückblick

Anzahl der Personen im ÖKOLOG-Team: 10

Welche ÖKOLOG-Aktivitäten (Maßnahmen, Projekte etc.) hat Ihre Schule im aktuellen Schuljahr im Hinblick auf die Entwicklungsziele gesetzt?
Verstärkter Austausch mit anderen Alternativschulen:
Sportwoche an der Bildungswerkstatt Knittlingerhof (Alterntivschule in Oberösterreich).
Zivilcourage-Workshop mit Gästen vom Knittlingerhof.
Schneewoche auf der Landecker Schihütte (Selbstversorgerhütte in Serfaus-Fiss-Ladis) in Kooperation mit der Freien Montessorischule Stams; die Jugendlichen bildeten Teams für Einkaufen, Kochen etc.
Zelttage am Gelände der Niederhofschule (Niederösterreich) – Küchendienst wird weitgehend von den Kindern und Jugendlichen übernommen, Anreise teilweise mit dem Fahrrad, Naturerkundungen, Möglichkeit zum Schulbesuch.
Teilnahme am 5. und 6. Treffen der Partnerinitiativen (Vernetzungstreffen für Eltern und BegleiterInnen verschiedener Alternativschulen) im Storchennest (Kaisersdorf, Burgenland) und in der Freien Montessorischule Stams (Tirol).
Zusammenarbeit mit den Kooperationskindergärten Waldfexxx und Spielwerkstatt.
Zusammenarbeit mit dem Institut für freie Bildung und Entwicklung einer zu unserer Pädagogik passenden Fortbildung (www.freie-bildung.eu).

Zahlreiche Ausgänge, die von Kindern und Jugendlichen teilweise oder nahezu vollständig selbst organisiert wurden (Hochseilgarten, Skaterplatz, Schwimmbad).
Primaria-Schneewoche in Klaffer.
Schaffung einer Vorsekundaria-Gruppe mit verpflichtender Anwesenheit bei den Gruppentreffen und zahlreichen freiwilligen Ausgängen (z.B. Nähere Umgebung von Pottenbrunn; Windpark-Ausgang; Wien- und Linz-Ausgang; Wanderung in die Ötschergräben).
Projekt 13+ (Eltern helfen Jugendlichen, zu ihren Interessen passende Workshops zu organisieren) .
Sekundaria-Reise nach Rom – von den SchülerInnen selbst organisiert und über Projekte weitgehend selbst finanziert, z. B. Organisation des Vortrags: „Wenn der Weg zum Ziel“ wird von Severin Zotter inklusive Sponsorensuche.
Mädchengruppe (Begleitung für Mädchen, Thema „Frau werden“).
WalkAway-Ritual für SchulabgängerInnen.

Istrien-Klausur (Jahresklausur für Eltern, Kinder, BegleiterInnen in der letzten Woche der Sommerferien; gemeinsames Kochen im Küchenzelt).
Elternabende: EBA (Elternbetreuer-Austausch) nach Altersgruppen (6-11 J., 12-…); gemischte Elternabende (Emix); Mapäd (Materialpädagogische Abende).
Bei Elternabenden oft von Jugendlichen gestaltetes Buffet.
Wöchentliche Schulversammlungen für Kinder und BegleiterInnen.
Wöchentliche Besprechungen mit SchülerInnen der Sekundaria.
Einbindung von Eltern in den Schulvormittag: Eltern bringen ihr Know-How in Form von Angeboten ein (z.B. bei Radausfahrten, Holzbearbeitung, Filz- und Nähangeboten, Kerzengießen, Ton, Basteln, …).
Herausgabe der pädagogischen Zeitschrift "freigeist" (erscheint 4x pro Jahr; Beiträge von Externen, Eltern, BegleiterInnen, SchülerInnen).

Außenbereich der Schule jederzeit benützbar (Hüttenbau, Floßbau, Kinder haben die Möglichkeit eigene Beete anzulegen; Ballspiele, Jonglieren – jeweils von Kindern selbst organisiert).
Pflanzen von Obstbäumen im Außenbereich.
Bio-Äpfel für die Jause.
Digitale Geschichten (entwickeln von persönlichen Geschichten; mit digitalen Medien darstellen – Bilder, Film, Musik).
Radioprojekt mit der Fachhochschule St. Pölten (Nominierung zum Radiopreis).
Teilnahme an einem Projekttag an der Wirtschaftsuniversität Wien (Vormittag Workshop zum Thema "Globale Lebensmittelverteilung", Zusammenarbeit mit SchülerInnen anderer Schulen; Nachmittag Symposium zum Thema: "Bildung der Zukunft: Begleiten statt lehren?")
3 Ausgänge zu Verhandlungen ans Landesgericht Krems für Sekundarias.
Mitarbeit von 2 jungen Frauen aus Spanien und Frankreich im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes (Erasmus+).

Maßnahme im Detail
Beschreibung der Maßnahme
Begonnen hat alles bei unserer Istrien-Klausur 2015. Wir merkten, dass viele SchülerInnen, Eltern und BegleiterInnen von der aktuellen Flüchtlingssituation betroffen waren und es gab von allen Seiten den starken Wunsch, persönliche Kontakte zu knüpfen. Zitat einer Jugendlichen: „ Es ist ja nicht so, dass die nur von uns etwas brauchen. Wir können ja auch ganz viel von ihnen lernen.“
So begleitete uns dieses Thema das gesamte Schuljahr. Immer wieder luden wir Asylsuchende aus dem arabischen Raum ein, die unseren Schulalltag bereicherten. Das private Engagement vieler Eltern und BegleiterInnen (Aufnahme von Flüchtlingsfamilien, Mithilfe bei Flüchtlingsinitiativen...) beeindruckte die SchülerInnen und führte vor allem bei den Jugendlichen zu dem Wunsch, selbst tätig zu werden.

Es begann mit ersten Kontakten:
Im September besuchte uns eine Frau, die ehrenamtlich Deutschkurse für Flüchtlinge gibt. Sie wurde von einem palästinensischen Syrer begleitet, der den SchülerInnen der Sekundaria von seiner Herkunft erzählte, von der dramatischen Flucht über das Mittelmeer und von seinem Leben in Österreich. Die Jugendlichen waren beeindruckt und baten ihn wieder zu kommen. An jweils zwei Vormittagen stand er den Jugendlichen der Sekundaria und der Primaria zur Verfügung, denen er die Gelegenheit bot, in die arabische Schrift und die arabische Sprache hineinzuschnuppern.

An zwei Vormittagen besuchte uns eine junge Frau aus dem Irak, die mit den Kindern der Primaria Comics zeichnete. Eine Lernwerkstatt-Mutter half beim Übersetzen.

Im Oktober besuchten SchülerInnen der Sekundaria die Foto-Wanderausstellung „Alltag-Rassismus“ im Sonnenpark in St. Pölten.
Wir luden die Mutter eines Schülers ein, von ihrer ehrenamtlichen Arbeit bei „Flüchtling willkommen“ zu erzählen.
Ebenfalls im Oktober begleitete ein Iraker unsere SchülerInnen bei einem Ausgang zum Skaterplatz.
Immer wieder organisierte ein Begleiter Fahrten zum Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Im Rahmen des Projektes „connect.traiskirchen“ (Kinderfreunde) veranstalteten Jugendliche der Sekundaria verschiedene Angebote für junge Flüchtlinge, z.B. Bewegungsangebote mit Pedalos, Stelzen, Jonglierbällen und Ballspielen, Bastelangebote mit Bänderknüpfen, Perlenketten und Vogelhäuschen bauen, Dominobahn bauen und immer wieder für mehrere Stunden Deutsch lernen.
Die selbstgebauten Vogelhäuschen wurden bei unserem Schlossadvent verkauft und mit dem Geld wieder Obst, Kekse etc. für weitere Traiskirchen-Nachmittage gekauft. Viele Jugendliche waren so begeistert, dass sie immer wieder auch selbständig nach Traiskirchen fuhren und im ihnen schon vertrauten Rahmen Angebote veranstalteten.
Ende Oktober fand ein Zivilcourage-Workshop mit Barbara Wiltschek vom Mauthausen Komitee unter dem Motto „Selbstbewusste Kinder und Jugendliche brauchen keine destruktiven Ideen – Bildung für De-Radikalisierung“ statt, an dem auch zwei Jugendliche der Bildungswerkstatt Knittlingerhof teilnahmen.

Im November nahmen wir mit der Flüchtlingsinitiative MOSAIK aus Eichgraben Kontakt auf (Initiative MOSAIK; Miteinander Offen Sein, Annehmen, Interkulturell Kennen lernen). In Begleitung einer Mitarbeiterin der Initiative besuchten uns zweimal je 2 junge Männer aus dem Irak und aus Syrien. Sie erzählten über ihre Heimat und ihre Flucht nach Österreich. Gemeinsam mit einigen SchülerInnen der Primaria und Sekundaria bereiteten sie Humus, Fladenbrot, Gemüseeintopf etc. zu. Bei einem großen Schulbuffet konnten alle Kinder und Jugendlichen die Speisen probieren.

Im Dezember besuchten zwei Flüchtlinge die Sekundaria, die einige Zeit bei einem Begleiter von uns Quartier gefunden hatten.
Eine Begleiterin, die regelmäßig in einer Unterkunft für asylsuchende Flüchtlinge arbeitete, ermöglichte es einer unserer Schülerinnen mitzukommen und dort mitzuarbeiten.
Unsere pädagogische Zeitschrift „freigeist“ widmete sich in zwei Nummern den Themen „Gastlichkeit“ bzw. „Andernorts“. Es erschienen unter anderem Beiträge von Eltern, UnterstützerInnen und SchülerInnen, in denen persönliche Erlebnisse geschildert wurden.
Bei Ausgängen zum Landesgericht Krems konnte unter anderem eine Verhandlung zum Thema Verhetzung miterlebt werden.

Im Frühling nahmen einige SchülerInnen am World Peace Game im Stift Melk teil. In diesem vom US Pädagogen John Hunter entwickelten mehrtägigen Spiel schlüpften die Jugendlichen in die Rolle von Regierungsverantwortlichen etc. Es ging darum, komplexe Probleme der Welt zu lösen. Sie gingen der Frage nach: welche Handlungsspielräume und welche Verantwortung haben Regierungen, UNO oder Weltbank? Welche Konsequenzen haben ihre Entscheidungen für Umwelt, ein friedliches Zusammenleben, für Migration? Unterschiedliche Interessen und Standpunkte wurden lebhaft diskutiert und nach gemeinsamen Lösungen gesucht.

Die vielfältigen persönlichen Erfahrungen, die unsere Kinder und Jugendlichen in diesem Schuljahr gesammelt hatten, und die Beschäftigung mit der medialen Berichterstattung zum Thema Flüchtlinge wurden in einem Theaterstück verarbeitet. Unter der Leitung von Silke Häusler entwickelten die Jugendlichen der Theaterwerkstatt im Wasserschloss das Stück „Wohin jetzt? Menschen auf der Flucht“. Es wurde im Rahmen des Viertelfestivals NÖ - Mostviertel im Juni im Kulturhaus Wagram in St. Pölten aufgeführt und ist der vorläufige Abschluss eines Themas, das uns das ganze Schuljahr begleitet hat und immer noch brandaktuell ist.
Wie viele SchülerInnen haben an dieser Maßnahme / dem Projekt mitgewirkt?
87
Wie wurden geschlechterspezifische Lernzugänge berücksichtigt?
Die Themen haben Burschen und Mädchen gleichermaßen angesprochen.
Welche Außenkontakte / Kooperationen gab es im Rahmen dieser Maßnahme / dieses Projekts?
Syrische und irakische Flüchtlinge, zahlreiche ehrenamtlich tätige Personen, Initiative MOSAIK, Sonnenpark St. Pölten, connect.traiskirchen, Stiftsgymnasium Melk, Kulturhaus Wagram, Viertelfestival NÖ, Kultur Kontakt Austria
Wie wurde die Maßnahme / das Projekt präsentiert? In welcher Form erfolgte die Öffentlichkeitsarbeit?
Artikel im "freigeist", Theateraufführung im Kulturhaus Wagram, Flyer des Viertelfestival NÖ - Mostviertel
Wie wurde die Maßnahme / das Projekt reflektiert/evaluiert?
Es wurde regelmäßig bei unseren Teamsitzungen und bei unseren Elternabenden über Geplantes und Umgesetztes reflektiert.
Was hat sich durch die Maßnahme an der Schule verändert?
Vor allem unsere älteren SchülerInnen sind gewohnt eigenverantwortlich zu handeln und haben in diesem Jahr weitere Handlungsspielräume für sich entdeckt.
Wo liegen unsere Stärken?
Wir gehen möglichst spontan und zeitnah auf die Interessen unserer SchülerInnen ein und versuchen, ihnen vielfältige Kontakte mit der Außenwelt zu ermöglichen.